Am der Wiener Ringstraße (Dr.-Karl-Renner-Ring) zugewandten Ende des Schmerlingplatzes bzw. des Grete-Rehor-Parks befindet sich das Denkmal der Republik, das an die Errichtung der Republik Österreich am 12. November 1918 errinnert.

 

Das Denkmal besteht aus Büsten der drei Sozialdemokraten Jakob Reumann, des ersten sozialdemokratischen Bürgermeisters von Wien (geschaffen von Franz Seifert), Victor Adler, des Begründers der sozialdemokratischen Partei (geschaffen von Anton Hanak), und Ferdinand Hanusch, des ersten Ministers für soziale Verwaltung (geschaffen von Mario Petrucci). Über die Auswahl der Persönlichkeiten, die hier geehrt werden, hat es immer viel Diskussion gegeben; die Antwort ist jedoch relativ einfach: einerseits sollten sie sich um die Gründung der demokratischen Republik verdient gemacht haben, andererseits mussten sie bereits verstorben sein.

Enthüllt wird das Denkmal 1928 zum 10. Jahrestag der Ausrufung der Republik. Aufgrund der eindeutigen Bezugnahme zur Republik und zur Sozialdemokratie wird das Denkmal von konservativen und faschistischen Kreisen bis heute angefeindet. Im Zuge der endgültigen Niederschlagung der Republik im Februar 1934 wird das Denkmal abgetragen, jedoch nicht vernichtet. Anlässlich des 30. Jahrestags der Republik wird das Denkmal 1948 erneut aufgebaut.

 

Jakob Reumann ([*] 31.12.1853 in Wien, [+] 29.7.1925 auf dem Wörther See bei Klagenfurt) erlernt den Beruf des Drechslers und gründet bereits als Geselle die erste Gewerkschaft dieser Sparte, deren Obmann und leitender Redakteur er ist. Wegen seines Engagements verliert er seine Arbeit. Am Hainfelder Parteitag wird er zum ersten Sekretär der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei gewählt. Reumann ist neben dem Ottakringer Franz Schuhmeier der erste führende Sozialdemokrat, der sich besonders in der Kommunalpolitik engagiert und entschieden für den Bau gesunder und erschwinglicher Wohnungen für Arbeiterinnen und Arbeiter eintritt. Im Jahr 1900 werden Reumann für Favoriten und Schuhmeier für Ottakring als erste Sozialdemokraten in den Wiener Gemeinderat gewählt. Reumann ist seit 1907 auch Mitglied des Reichsrats.

Als die christlich-soziale Stadtverwaltung gegen Ende des Ersten Weltkriegs angesichts der katadrophalen Versorgungslage eine breitere politische Basis sucht, wählt sie Reumann 1917 zum ersten sozialdemokratischen Stadtrat. Ein Jahr später avanciert er Im provisorischen Gemeinderat zu einem von drei Vizebürgermeistern. Nach dem triumphalen Wahlsieg der Sozialdemokratie im Jahr 1919 wird Reumann zum ersten sozialdemokratischen Bürgermeister einer Millionenstadt weltweit.

In seiner Amtszeit werden die Grundlagen des "Roten Wien" gelegt: der Beginn des kommunalen Wohnbaus, die Einleitung der großen Schulreform und die ersten Schritte zur Schaffung von neuen Grünanlagen und modernen Freizeiteinrichtungen. Am 1. Jänner 1922 wird Wien von Niederösterreich abgetrennt und zum selbständigen Bundesland erhoben. Am 20. November 1923 tritt Reumann aus Gesundheitsgründen von seinem Amt zurück.

 

Victor Adler ([*] 24.6.1852 in Prag, [+] 11.11.1918 in Wien) ist der Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns. Er absolviert das Studium der Medizin an der Universität Wien, schließt sich zunächst den Deutschnationalen um Georg von Schönerer an, verlässt diese jedoch bald wieder wegen deren wachsendem Antisemitismus und tritt einem Arbeiterbildungsverein bei. Die öster-reichische Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung ist zu Beginn der 1880er Jahre in zwei Gruppen gespalten, die einander heftig befehdeten: die "Radikalen" und die "Gemäßigten". Adler sieht seine wichtigste Aufgabe darin, diese Spaltung, die die Entwicklung einer schlagkräftigen Bewegung verhindert, endlich zu überwinden. Adler gründet die "Arbeiter-Zeitung", die ab 18.10.1889 wöchentlich, und ab 1.1.1895 täglich erscheint. Er opfert dafür einen Großteil seines persönlichen Vermögens. Er hat auch entscheidenden Anteil daran, dass am 30.12.1888 in Hainfeld ein Parteitag mit 73 stimmberechtigten Delegierten einberufen wird, bei dem die Spaltung der österreichischen Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung endgültig überwunden und die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs gegründet wird. 69 Delegierte stimmen für die von Adler konzipierte Prinzipienerklärung in der es unter anderem heißt:

"Die sozialdemokratische Arbeiterpartei in Österreich erstrebt für das gesamte Volk ohne Unterschied der Nation, der Rasse und des Geschlechtes die Befreiung aus den Fesseln der ökonomischen Abhängigkeit, die Beseitigung der politischen Rechtlosigkeit und die Erhebung aus der geistigen Verkümmerung."

 

Adler wird zum unumstrittenen Führer der Arbeiterlnnen- und Arbeiterbewegung. Wegen seiner politischen Aktivitäten wird er 17mal gerichtlich verurteilt und verbringt insgesamt 18 Monate im Gefängnis. So auch im Frühjahr 1890, als die Arbeiterinnen und Arbeiter zum ersten Mal den 1. Mai als internationalen Kampftag feiern, ein Entschluss, zu dem Adler als Delegierter beim Gründungskongress der Zweiten Internationale 1889 in Paris wesentlich beigetragen hat. 1901 wird Adler in den niederösterreichischen Landtag gewählt, 1905 in den Reichstag, wo er sich entschieden für das allgemeine Wahlrecht und gegen den drohenden Krieg engagiert. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs sieht er Österreich-Ungarn allerdings in einem Verteidigungs-krieg verwickelt und setzt in seiner Partei gegen den Widerstand des linken Flügels, dem auch sein Sohn Friedrich angehört, die Unterstützung der Kriegspolitik durch. Unter dem Eindruck des Attentats seines Sohnes auf Ministerpräsidenten Stürgkh und wegen der wachsenden Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung ändert die sozialdemokratische Führung jedoch ihre Haltung und fordert schließlich vehement die rasche Beendigung des Kriegs. Als nach dem Zusammenbruch der Monarchie Karl Renner eine provisorische Regierung bildet, wird der zu diesem Zeitpunkt bereits schwer kranke Adler zum Staatssekretär für Äußeres berufen. Am 9.11.1918 hält Adler im Staatsrat seine letzte Rede. Am Tag vor der Proklamation der demokratischen Republik Deutsch-Österreich, stirbt Adler. Er wird in einem von Hubert Gessner geschaffenen Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.

(c) P. Diem
(c) P. Diem

Ferdinand Hanusch ([*] 9.11.1866 in Vitkov Horni Ves, [+] 28.9.1923 in Wien) wächst in großer Armut auf. Sein Vater stirbt bereits vor der Geburt von Hanusch und muss er schon als Sechsjähriger am Spulrad arbeiten. Hanusch kann deshalb die Schule nur wenige Jahre lang besuchen, und das nur mit ständigen Unterbrechungen. Als Jugendlicher geht Hanusch auf der Suche nach besserer Arbeit auf Wanderschaft und findet eine Anstellung in einer Seidenfabrik, kommt 1891 in Kontakt mit der Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung, engagiert sich in der Partei und wird 1897 Gewerkschaftssekretär im ostmährischen Sternberg.

Nachdem auf seine Anregung hin 1900 eine Union der Textilarbeiter gegründet wird, wählen ihn die Delegierten zu ihren Sekretär. So kommt Hanusch schließlich nach Wien.

1903 erhält er den Vorsitz im Leitungsorgan der sozialdemokratischen Gewerkschaftsbewegung. 1907 wird Hanusch in Nordböhmen in den Reichsrat gewählt.

Nach Ausrufung der Ersten Republik steigt der Gewerkschafter zunächst zum Staatssekretär für soziale Fürsorge, dann bis 1920 zum Staatssekretär für soziale Verwaltung auf.

In kurzer Zeit schafft er die Grundlagen des modernen, bis heute beispielgebenden, österreichischen Sozialstaats und dessen Sozialgesetzgebung. Schon 1918 können die seit Jahrzehnten erhobenen Forderungen der Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung nach Einführung des Achtstundentages und der 48-Stunden-Woche verwirklicht werden.

Auf Hanusch gehen auch die Schaffung der Sozial- und Arbeitslosenversicherung, die Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit für Frauen und Jugendliche, die Schaffung eines Urlaubsanspruches für Arbeiterinnen und Arbeiter, das Arbeiterkammergesetz und das Betriebsrätegesetz zurück, weltweit das erste, mit dem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Mitspracherecht in betrieblichen Angelegenheiten erhaten. Sein großes Vorhaben, die Pensionsversicherung für Arbeiterinnen und Arbeiter, kann Hanusch nicht mehr verwirklichen, da die Koalitionsregierung aus Sozialdemokratie und Christlich­sozialen 1920 zerbricht. Hanusch, der von 1918 bis 1923 Mitglied der Nationalversammlung, und Abgeordneter zum Nationalrat und daneben auch literarisch tätig ist, wird 1921 Direktor der Wiener Arbeiterkammer.

Ein Jahr nach dem Tod des großen Sozialpolitikers wird im 1. Gemeindebezirk Innere Stadt eine Gasse nach ihm benannt, ebenso ein 1924/25 errichteter Wohnhof im 3. Wiener Gemeindebezirk Landstraße (Ludwig-Koeßler-Platz 2-4). und das 1914/15 gebaute Erzherzog-Rainer-Spital.

 

Anton Hanak ([*] 22.3.1875 in Brünn, [+] 7.1.1934 in Wien), ist der bedeutendste österreichische Bildhauer der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er kommt 1889 nach Wien, absolviert eine Holzbildhauerlehre, studiert von 1898 bis 1904 an der Akademie der bildenden Künste und leitet von 1913 bis 1932 die Klasse für monumentale Bildhauerei an der Kunstgewerbeschule. 1932 wird er zum Ordentlichen Professor für Bildhauerei an die Akademie berufen. Hanak ist Mitglied der Wiener Werkstätte, Mitbegründer des Österreichischen Werkbunds und mit den Künstlerkolegen Gustav Klimt und Josef Hoffmann eng befreundet. Er schafft Skulpturen von symbolhaftem Charakter, plastische Fassadenreliefs für mehrere Bauten Hoffmanns sowie eine Reihe von Plastiken für die Wohnbauten des "Roten Wien". Bei der Eröffnung einer Hanak-Ausstellung am 30.6.1949 in der Wiener Secession sagt Bürgermeister Theodor Körner über den Künstler:

"Hanaks Werke spiegeln die geistigen Strömungen seiner Zeit [...] Nicht minder deutlich sehen wir in den Werken dieses Arbeiterkindes die Verbundenheit mit der Arbeiterbewegung, der Hanak seine größten Aufträge verdankte. Unaufhörlich plante er monumentale Schöpfungen, die [...] Wien schmücken."

Hanaks künstlerischer Nachlass ist im Hanak-Museum in Langenzersdorf zu sehen, wo der Bildhauer jahrelang lebte und arbeitete.

 

Kaum elfjährig geht Mario Petrucci ([*] 25.3.1893 in Rho di Ferrara, [+] 25.8.1972 in Wien) bereits auf die Walz, kam als Hilfsarbeiter in die Schweiz, nach Frankreich und später nach Deutschland. Während des Ersten Weltkriegs lebt er in Zürich und arbeitet als Stuckateur und als Bildhauer. 1920 kommt Petrucci nach Wien, findet Aufnahme an der Akademie der Bildenden Künste und absolviert seine akademischen Studien. Nach Kriegsende gehört Petrucci zu den meistbeschäftigten Bildhauern, weshalb zahlreiche seiner Werke im öffentlichen Raum der Stadt zu sehen sind. Zu seinen bekanntesten Werken gehören das Denkmal für die Feuerwehrmänner an der Feuerwehrzentrale Am Hof (1947), das Max-Reinhardt-Medaillon am Theater in der Josefstadt (1949), der Gänsebrunnen für die Freihofsiedlung in Kagran (1951), die Skulptur "Lichtbringer" im Franz-Domes-Hof (1952) sowie zahlreiche Grabdenkmäler.

(c) Thomas Ledl (2014), Der Lichtbringer im Franz-Domes-Hof
(c) Thomas Ledl (2014), Der Lichtbringer im Franz-Domes-Hof