Der Maria-Franc-Hof (Lange Gasse 21-23) mit 77 Wohnungen wird in mehreren Abschnitten errichtet. 1955 entsteht der längs der Zeltgasse verlaufende Bau mit fünf Stockwerken. 1958 wird die Zeltgasse mit einem siebenstöckigen Quertrakt überbaut. Eine weitere, 1957/58 errichtete Überbauung ergänzt die Anlage um zwei weitere Stiegen. Zudem werden Geschäftslokale und Garagen für die Mieterinnen und Mieter in die Anlage integriert. Die Wohnungen im sechsstöckigen Trakt an der Neudeggergasse verfügen teilweise über Balkone. In den öffentlichen Durchfahrten an der Zeltgasse befinden sich die Stiegeneingänge, Säulen trennen die Fahrbahn von den Fußwegen.


Die rechte Seite des östlichen Hofteils entlang der Zeltgasse schmückt ein 1957 erstelltes, viereinhalb Meter hohes Wandmosaik mit drei Eulen. Erschaffen hat es der Grafiker Josef Seger, der durch Entwürfe für Briefmarken bekannt geworden ist.


Benannt ist die Wohnhausanlage nach der ersten Bezirksvorsteherin Wiens, Maria Franc ([*] 1906, [+} 1974). Als Angestellte einer Schuhfirma tritt sie 1934 der vaterländischen Gewerkschaft bei und engagiert sich in der Sozialpolitik. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird sie Mitglied der Österreichischen Volkspartei und arbeitet als Bezirksfrauenreferentin und im Fürsorgevorstand. Von 1959 bis 1964 leitet sie die Geschicke der Josefstadt.

Der Architekt des Maria-Franc-Hofs, Johann Stöhr ({*] 1897, {+] 1981) studiert Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Nach seinem Studium tritt er in das Wiener Stadtbauamt ein. Als Leiter dieser Magistratsabteilung (bis 1963) ist er in der Zeit des Wiederaufbaus an der Errichtung zahlreicher kommunaler Bauten beteiligt, unter anderem auch an den Entwürfen der Per-Albin-Hanson-Siedlung Ost.
(c) Priwo (2011), Wandmosaik Maria-Franc-Hof
(c) Priwo (2011), Wandmosaik Maria-Franc-Hof

An der Hausfront des Maria-Franc-Hofs in der Lange Gasse befindet sich eine Gedenktafel für den Journalisten Hugo Bettauer ([*] 18.8.1872, [+] 26.3.1925), nach dem auch der Platz vor der Wohnhausanlage benannt ist (Kreuzung Lange Gasse / Zeltgasse):

"In der Lange Gasse 5-7, der Redaktion seiner Zeitschrift, wurde Hugo Bettauer am 10.3.1925 durch mehrere Schüsse eines jungen Nationalsozialisten tödlich verletzt.

Seine journalistische Laufbahn begann in den USA. 1919 kehrte er nach Wien zurück, und schrieb für die 'Neue Freie Presse' und 'Die Zeit'. In der Folge verfasste er mehrere äußerst erfolgreiche Kolportageromane. Davon wurde u.a. verfilmt 'Die freudlose Gasse (Regie G.W. Pabst, mit Greta Garbo, Asta Nielsen und Werner Krauss) und 'Die Stadt ohne Juden' (H.K. Breslauer, mit Hans Moser).

Auf neue gesellschaftliche Entwicklungen der Zwanzigerjahre reagierte Bettauer durch die Herausgabe der Zeitschrift 'Er und Sie. Wochenschrift für Lebenskultur und Erotik'. Als Jude und wegen seiner liberalen Ansichten wurde er zur Zielscheibe für extrem gehässige Angriffe des nationalsozialistischen bis hin zu Teilen des bürgerlichen Lagers, die schließlich zum tödlichen Attentat im Jahre 1925 führten.

Bettauer starb als eines der ersten Opfer des Nationalsozialismus."